China: Erfahrungen der Handmade World Tour

Von 2016 bis 2018 orga­ni­sierte das Direk­to­ren­haus unter­schied­li­chen Ausstel­lungen in China, einige davon im Rahmen der Hand­made in Germany World­tour. Die Ausstel­lungen führten u.a. nach Shanghai, Macao, Shen­zhen, Tianjin, Zhuhai, Peking. Im Ganzen über­wogen posi­tive Erfah­rungen deut­lich – in dieser Aussage findet sich jedoch auch die Erkenntnis wieder, dass ein konti­nu­ier­li­cher und struk­tu­rierter Aufbau von Kunden­be­zie­hungen nach China durchaus einen langem Atem braucht. 

Auch unbekanntere Städte interessant

Im November 2016 war z.B. Shen­zhen an der Reihe, eine Stadt, die wir ursprüng­lich nicht auf dem Plan hatten. Die chine­si­sche Boom­town liegt in der Provinz Guang­dong. Im Süden grenzt Shen­zhen an Hong­kong. Durch diese Nähe und den Status als Sonder­wirt­schafts­zone gilt Shen­zhen als eine bedeu­tende Stadt für auslän­di­sche Inves­ti­tionen. Über­rascht waren wir, so junges Publikum zu sehen; nach Gesprä­chen stellte sich schnell heraus, dass diese jungen Besu­cher – die man hier­zu­lande eher als Gründer in der Startup-Szene vermutet hätte – alle­samt nicht unwich­tige Posi­tionen in diversen öffent­li­chen Orga­ni­sa­tionen oder privaten Firmen inne­hatten. Insge­samt bestä­tigte sich die Vermu­tung, dass wir es in China in der Zukunft mit einem vergleichs­weise jungen Klientel zu tun haben werden: Während uns in Europa im Manu­faktur- und Luxus­um­feld noch die klas­si­schen „Connais­seure“ vor Augen stehen, sehen wir in China viele junge Menschen, die mit einem ganz anderen Blick auf die Produkte schauen. Neben den typi­schen Luxus­kunden sind dies Studien zufolge die sog. „Opinion Leaders”, die rund 30 Prozent der chine­si­schen Luxus­kon­su­menten ausma­chen. Diese circa neun Millionen Kunden sind entweder Unter­nehmer oder Manager großer chine­si­scher Firmen. Die Opinion Leader sind größ­ten­teils zwischen 25 und 40 Jahre alt und leben schwer­punkt­mäßig in den Tier-1-Städten. Wie die „Hardcore”-Konsumenten sind sie zumeist gut ausge­bildet und haben häufig inter­na­tio­nale Erfahrungen.

Auf der Hand­made-Ausstel­lung in Shen­zhen führten wir auch viele Gespräche mit Leuten, die wir eher in der Mittel­schicht vermu­teten. Auch für diese Personen gibt es in Studien eine Zuord­nung, die uns nach­träg­lich erschließt. Diese „Mid-Class Climber” machen mit circa 4,5 Millionen Menschen rund 15 Prozent der chine­si­schen Luxus­kunden aus. Wie der Name andeutet, handelt es sich bei ihnen um soziale Aufsteiger, die zumeist Funk­tionen im Mittel­ma­nage­ment natio­naler oder inter­na­tio­naler Unter­nehmen bekleiden. Sie sind größ­ten­teils zwischen 25 und 35 Jahre alt und durch ihre beruf­liche Entwick­lung in der Lage, Luxus­güter zu konsumieren.

Unsere Ausstel­lung in Shen­zhen führte zu Kontakten aus umlie­genden Städten, die es uns ermög­lichten, über den Jahres­wechsel die Hand­made in Germany-Schau im Anschluss in Zhuhai zu zeigen. Die Ausstel­lung fand im Jin Hai An Art and Cultural Center statt, die unlängst eröffnet wurde und als neues Kultur­ge­bäude Zhuhais gilt.

Zhuhai war eine Entde­ckung: die Stadt nennt sich die „Stadt der Romantik“, die Region bezeichnet sich als chine­si­sche Riviera. Für Reisende ist sie in erster Linie inter­es­sant als Grenz­über­gang nach Macau. Die Stadt verfügt kaum über natür­liche oder kultu­relle Sehens­wür­dig­keiten, ist aber bei Geschäfts­leuten aus Hong­kong oder Macau sehr beliebt als Wochen­end­do­mizil. Wirt­schaft­lich gehört die Stadt den aufstre­benden Zentren des Landes. Die zur Zeit vier Golf­plätze (weitere zwei in Bau), eine Renn­bahn, verschie­dene Frei­zeit­parks und andere Möglich­keiten der Frei­zeit­ge­stal­tung machen Zhuhai zu einem beliebten Ort für die chine­si­sche Oberschicht.

China gibt es nicht, nur Regionen

China ist so groß, dass es sich anbietet, in einem bestimmten regio­nalen Bereich zu bleiben – aller poli­ti­schen Zentra­li­sie­rung zum Trotz. Zhuhai etwa verhält sich im Grunde zu Macau wie Shen­zhen zu Hong­kong. Beides Sonder­wirt­schafts­zonen, die von China im kapi­ta­lis­ti­schen Vorbild gegründet wurden, um im Fahrt­wind der beiden Selbst­ver­wal­tungs­zonen zu profi­tieren. Erst ab 1979 entwi­ckelte sich aus einem Fischer­dorf eine Millio­nen­stadt, nachdem es ein Jahr zuvor zu einer Sonder­wirt­schafts­zone wurde. Auf 1653 Quadrat­ki­lo­me­tern leben 1,4 Millionen Einwohner; im Vergleich hierzu ist Macau nahezu unbe­sie­delt. Die „Hand­made in Germany„Ausstellung stieß auf große Neugier des vorwie­gend jungen Publi­kums, aller­dings auch auf starkes Inter­esse der städ­ti­schen poli­ti­schen Führung.

Mit Hong Kong erreicht die „Hand­made in Germany“ World­tour ihren nächsten Ausstel­lungsort. Im März präsen­tiert sich die Tour im dortigen UMAG Univer­sity Museum and Art Gallery. Neben zahl­rei­chen eigenen Samm­lungen zeigt das Museum regel­mäßig Ausstel­lungen chine­si­scher und west­li­cher Kunst. Hong Kong ist, für den gespro­chen, der noch nicht dort war, eine eindrucks­voll viel­fäl­tige Stadt. Das zerklüf­tete Stadt­ge­biet verteilt sich auf ein Halb­rund mehrere Hundert Inseln, die konti­nu­ier­lich anwachsen.

Mit den stei­genden Bevöl­ke­rungs­zahlen und dem fort­wäh­renden Bauboom entstehen soge­nannte „New Terri­to­ries“ förm­lich aus dem Nichts. Die sieben Millionen Einwohner machen die im Mündungs­ge­biet des Perl­flusses gele­gene Metro­pole zu einer Mega-City. Chine­sisch und Englisch sind die beiden Amts­spra­chen, prägend für die Kultur­szene ist aller­dings der über­wie­gende Anteil von Einwoh­nern mit chine­si­scher Abstam­mung und vornehm­lich kanto­ne­si­scher Mutter­sprache, die 95 Prozent der Stadt­be­völ­ke­rung ausma­chen. Die Viel­falt der Spra­chen spie­gelt sich auch in den vielen prak­ti­zierten Reli­gionen wider. Der beson­dere Status Hong Kongs mani­fes­tiert sich in der Bezeich­nung als Sonder­ver­wal­tungs­zone an der Südküste der Volks­re­pu­blik China. Seitdem Hong Kong 1841 während des Ersten Opium­krieges von Groß­bri­tan­nien besetzt und zwei Jahre später zu dessen Kolonie ernannt wurde, bot das Gebiet in der Zeit des Chine­si­schen Bürger­kriegs (1927 bis 1949) einen Schutz­raum für zahl­reiche Chinesen, die aufgrund der mili­tä­ri­schen Konflikte um die poli­ti­sche Führung flüch­teten. Seit die staat­liche Hoheit 1997 an die Volks­re­pu­blik China über­tragen wurde, genießt Hong­kong das Privileg einer freien Markt­wirt­schaft und weitest gehenden Autonomie.

Tianjin

Die Hand­made-Ausstel­lung fand ganz im Zentrum Hong Kongs statt, im UMAG Museum. Danach reiste sie nach von Hong Kong weiter nach Tianjin. Die Mega­stadt, die kürz­lich Teil der inte­grierten Wirt­schafts­re­gion mit den angren­zenden Städten Peking und Hebei geworden ist, ist Indus­trie­zen­trum, Verkehrs­knoten und kultu­reller Mittel­punkt mit Univer­si­täten, Hoch­schulen, Museen und Baudenk­mä­lern. Tianjin ist berühmt für tradi­tio­nellen Holz­schnitt und Wand­ma­le­reien, die zum chine­si­schen Neujahr – wie es kürz­lich gefeiert wurde – viele Wohn­räume zieren.

Die span­nende Kombi­na­tion aus neuen Arbeits­ent­würfen, intel­li­genter Inte­gra­tion und Wert­schät­zung von Tradi­tion und Inno­va­tion machten Tanjin zu einer inter­es­santen Station der „Hand­made in Germany“ Worldtour.Tianjin ist eine wich­tige Hafen­stadt der Volks­re­pu­blik China und behei­matet einen der zehn meist frequen­tierten Häfen der Welt. Das gesamte Verwal­tungs­ge­biet der Stadt hat eine Fläche von 11.943 qm. Tianjin ist eine der vier Regie­rungs­un­mit­tel­baren Städte in China, das heißt sie ist der Zentral­re­gie­rung in Peking direkt unter­stellt und hat damit denselben Status wie eine Provinz. Die Stadt mit 7 Millionen Einwoh­nern liegt im Norden Chinas, südöst­lich von Peking, am Zusam­men­fluss des Hai He mit dem Kaiser­kanal, der das eindrucks­volle und diverse Stadt­bild maßgeb­lich bestimmt. Die güns­tige logis­ti­sche Lage der Stadt, machen Tianjin zusätz­lich span­nend für auslän­di­sche Unternehmen.

Die Geschichte Tian­jins vom Fischer­dorf zur modernen Handels­me­tro­pole reicht viele Jahr­hun­derte zurück und ist stark mit der Geschichte der Haupt­stadt verknüpft. Vom 11. bis 14. Jahr­hun­dert war Tianjin ein kleiner Seehafen, der für den kaiser­li­chen Hof als Getrei­de­lager hohe Bedeu­tung hatte. Später, als ursprüng­lich unab­hän­gige Reiche im Süden Chinas unter­worfen wurden, war die Stadt Durch­gangs­hafen für die Tribute und Liefe­rungen aus jenen Reichen an die Haupt­stadt. Während der Yuan-Dynastie im 13. Jahr­hun­dert wurde schließ­lich der durch Tianjin führende Kaiser­kanal fertig­ge­stellt und bis nach Peking verlän­gert. Den Namen Tianjin erhielt die Stadt vom Kaiser Zhudi während der frühen Jahre der Ming-Dynastie (1368–1644). Zu dieser Zeit erhielt die Stadt seine Vorrang­stel­lung als Hafen für Peking und stark befes­tigte Garni­sons­stadt. Später, unter der Qing-Dynastie (1644–1911), entwi­ckelte sich Tianjin zu dem florie­renden Handels­zen­trum, was es bis heute geblieben ist.

Verbin­dungs­büro in China

Der Meis­terrat geht nach den Erfah­rungen in China in eine nächste Stufe. Ziel ist der Aufbau eines stän­digen Verbin­dungs­büros, das an des Verbin­dungs­büro der Stadt Berlin im German Center in Peking ange­glie­dert ist. In den nächsten Jahren soll ein Netz­werkes vor Ort in China aufge­baut werden, das beim Markt­ein­tritt unter­stützt. Mit der Reprä­sen­tanz der Manu­fak­turen aus Deutsch­land werden in Hinblick auf den chine­si­schen Markt die Eintritts­bar­rieren abge­senkt und stra­te­gisch nach­hal­tige Part­ner­schaften zur Plat­zie­rung der Manu­fak­tur­pro­dukte geschaffen. Die Reprä­sen­tanz fungiert dabei als Schnitt­stelle zwischen den regional produ­zie­renden Manu­fak­turen und den chine­si­schen Händlern.

Ansprechpartner Verbindungsbüro/ China:
Prof. Jonas Polfuß
polfuss@meisterrat.de
German Center Beijing
Sabine Yang-Schmidt (für Berlin)
Chief Representative China |首席代表
Berlin Government, Senate Department for Economics, Energy and Public Enterprises, Representative Office Beijing
Landmark Tower II  |  Unit 1130 |  8, North Dongsanhuan Road  |  Beijing, 10004